Karl Guthausen: Sagen und Legenden aus Eifel und Ardennen, Band 2 , Seite 228
Früher stand auf Walcherath (Walderather Hof) einsam ein Bauernhof. Seine Bewohner gingen regelmäßig nach Tondorf zur Kirche. Jahr um Jahr erschienen sie pünktlich zur Christmette, mochte alles auch noch so verschneit sein. Der Weg führte durch ein unwirtliches Waldgelände, in dem sich die Kirchgänger in der Dunkelheit leicht hätten verirren können. Da man in Tondorf mit der Teilnahme der Walcherather an der Christmette bestimmt rechnen konnte, ließ der Pfarrer etwa eine halbe Stunde lang vor Beginn des Gottesdienstes mit einer kleinen Glocke läuten, damit sich die Leute von Walcherath an dem Klang orientieren konnten.
Einmal geschah es nun, dass man in Tondorf vergeblich auf die Walcherather warten musste. Man hatte wie immer mit der Glocke Zeichen gegeben. Die für den Beginn der Mette angesetzte Zeit war bereits verstrichen; doch die Leute waren nicht gekommen. Der Pfarrer begann mit dem Gottesdienst. Als er aber das Messbuch aufgeschlagen hatte, fiel ein Blutstropfen darauf, dessen Herkunft man sich auf natürliche Weise nicht erklären konnte. Der Pfarrer sah darin ein Zeichen für eine geschehene Bluttat. Sofort dachte er an das unerklärliche Ausbleiben der Pfarrkinder von Walcherath. Daher unterbrach er den Weihnachtsgottesdienst und schickte die anwesenden Männer aus, um nach den Vermissten zu suchen. Also stapften die Tondorfer in der Heiligen Nacht durch den verschneiten Winterwald in Richtung Walcherath. Unterwegs gaben sie Rufzeichen von sich, um mit den Vermissten Verbindung zu bekommen, falls sich diese im Wald verirrt hätten. Doch niemand meldete sich. Als sie dann in Walcherath ankamen, fanden sie statt eines Hauses einen rauchenden Trümmerhaufen. Weit und breit war keine Menschenseele zu entdecken. Alles Vieh war offensichtlich fortgetrieben worden.
Nach längerem Suchen und Rufen tauchte schließlich ein Mädchen auf, das als Magd auf dem Hof gedient hatte. Verstört erzählte es, der Hof sei in der Nacht von einer Räuberbande überfallen und ausgeplündert worden. Die Bewohner wollten sich zur Wehr setzen, seien aber alle ermordet worden. Zum Schluss habe man Haus, Stall und Scheune in Brand gesteckt. Sie selbst sei nur mit knapper Not dem Tod entronnen, da es ihr gelang, unbemerkt in den Wald zu fliehen.
Als Anführer der Räuberbande wurde der Schönauer Johannes genannt. Nach diesem Geschehen ist der Walcherather Hof nicht wieder aufgebaut worden.
(Quelle: http://www.sophie-lange.de/sagen-aus-den-orten-der-gemeinde-nettersheim/tondorf/index.php)